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Adi Kastner als Lehrer und Pädagoge

Erste berufliche Stationen

Schon während seines Studiums und unmittelbar danach nahm er zunächst eine erste Stelle als Forstreferent bei der Erzdiözese St. Pölten an. Getrennt von seiner Frau und seinen Kindern hielt es ihn dort nicht lange. Ein Jahr später, 1967, wechselt er in den Lehr- und Beraterberuf zur damaligen Forstlichen Kursstätte in Hollenstein an der Ybbs. Diese wurde von der NÖ Landwirtschaftskammer geführt und 1967 vom Land Niederösterreich samt Lehrern und Personal als Wald-und Gebirgsbauernschule Hohenlehen übernommen. Sechs Jahre lang, bis 1973, war Adi Kastner Lehrer in der Forstlichen Kursstätte bzw. Wald- und Gebirgsbauernschule Hohenlehen tätig.

Lehrer an der Forstwirtschaftlichen Fachschule Hohenlehen

In Hohenlehen setzte Adi Kastner erste Holzarbeitsprojekte mit seinen Schülern, immer unter dem Einsatz eigenen handwerklichen Tuns, um. Zum Beispiel eine Sauna, die den Werkstoff Holz und Holzbearbeitung thematisierte und gleichzeitig für den Lebensalltag der Schüler im Internat genutzt werden konnte. Hier half ihm sein Naturtalent zum emotionalen Motivieren und Begeistern seiner Mitmenschen durch gemeinsames Handeln.

Trotz seinem beruflichen Lebensmittelpunkt im Mostviertel sind die Bezüge zum Waldviertel immer lebendig geblieben. Da gab es die Eltern, die in Moidrams lebten und auf deren Areal ein kleines leeres Haus stand. Das war unmittelbar nach der Hochzeit bereits der erste Wohnsitz gewesen. Mittlerweile war die Kastner’sche Familie in der Hohenlehener Zeit aber auf 5 Kinder angewachsen. In Wochenendschichten ist eigenhändig umgebaut und aufgestockt worden, damit für den angestrebten beruflichen Ortswechsel zurück ins Waldviertel der erforderliche Wohnraum geschaffen wurde.

Lehrer an der Landwirtschaftlichen Fachschule Edelhof

1973 war es dann soweit, Kastner bekam eine Stelle als Lehrer am Edelhof bei Zwettl. Damit ist er nach einer Zwischenstation wieder zu seinem Ursprung zurückgekehrt und hat diesen nie mehr verlassen. Seine Wurzeln hat er in den folgenden Jahrzehnten über alle Maßen vertieft und in die gesamte Region verbreitert. Auch ein besonderes Merkmal in einer rund um ihn herum immer hektischer und mobiler gewordenen Zeit. Seinen Spruch „Die Füße auf dem Boden, aber den Kopf in den Wolken“ könnte man abwandeln und sagen: „Die Wurzeln im Waldviertel, den Kopf in der großen weiten Welt“. Wer kann schon für sich in Anspruch nehmen, am Ort seines Elternhauses durch 6 Jahrzehnte gelebt und geschafft und von dort aus nicht nur in eine ganze Region hinein, sondern für diese Region unglaublich erfolgreich hinaus gewirkt zu haben?

Doch zurück zu seinem Lehrerleben. Dazu hat Kastner zunächst einmal sehr viel an Fachkompetenz eingebracht. Es war ja nicht nur das an der Bodenkultur erworbene forstliche Wissen, es ging weit darüber hinaus. Er beherrschte fließend Latein oder auch die Mathematik in all ihren Facetten und hat stets viel Wissen aus Büchern bezogen. Gepaart mit dem Gedächtnis eines Elefanten, der sich bekanntlich alles merkt und nichts vergisst, war alleine seine Wissenskompetenz eine Trumpfkarte für die Anerkennung als Lehrer und Respektsperson. Am erstaunlichsten war aber sein pädagogischer Zugang. Ist er doch in seiner sehr harten Kindheit und Jugend nach dem damaligen Mainstream der Erziehung durch Eltern und Lehrer über die so genannte „schwarze Pädagogik“ des Disziplinierens geprägt worden. Bereits als junger Lehrer hat er entschieden anders agiert. Er galt zwar als strenger Lehrer, muss aber gleichzeitig für seine Schüler ein sehr guter und verständnisvoller Zuhörer gewesen sein, weil sie sich auch mit sehr persönlichen und vertraulichen Angelegenheiten immer wieder an ihn gewandt haben.

Lernmethoden

Kastner durchbrach auch die damals üblichen Lehr- und Lernmethoden eines nahezu ausschließlich theoretischen Unterrichts, der künftige Jungbauern an das praktische Wirtschaften heranführen sollte. Frei nach Saint-Exupery „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu holen, Aufgaben zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer“. Kastner ging einfach mit seinen Schülern in den Wald, ließ sie schneiden, sägen und hacken, personifizierte unterschiedliche Bäume mit Menschentypen aus dem Alltag, um Altersklassen und Baumarten zu erklären, verwob damit die Wissensvermittlung in lebensnahe Geschichten und konnte so eine verständliche Anbindung an die begreifbaren Lebenswelten von jungen Menschen erreichen. Das Unterrichtsfach Forstwirtschaft als Lebenskunde, oder wie er selber dazu gesagt hat: „Wissenschaftliche Erkenntnisse unwissenschaftlich umsetzen.“ Heute, Jahrzehnte danach, ist die Wichtigkeit dieser Anbindung an reale Lebenswelten für eine erfolgreiche Wissensvermittlung zumindest unter Experten bekannt, für die frühen 70iger war es aber revolutionär.

Wesentliche Punkte, mit denen Kastner den pädagogischen Erfolg erreichen konnte, waren:

  • Natürliche Autorität durch die gelebte Verbindung von Kompetenz und Stärke
  • Klarer Verstand, psychologisches Einfühlungsvermögen, hohe Kunst, Vertrauen zu wecken
  • Vermittlung von Fachwissen über eigenes praktisches Tun
  • markige Sprüche mit denen er trockene Theorie auf einfache Botschaften herunterbrechen konnte
  • verständliche, bodenständige Sprache, einfache und gleichzeitig geistreiche Rhetorik
  • pointierte Sprüche und Geschichten, die seine Vorstellungen treffsicher auf den Punkt brachten
  • unangenehme Wahrheiten oder Konfliktsituationen oft in Witze oder griffige Bilder verpackt
  • Begeisterungsfähigkeit durch das eigene Vorbild,
  • mit eigenhändigen handwerklichen Leistungen selber anpacken

Um seine Ausnahmeerscheinung als Lehrer zu beleuchten, ist ein weiteres höchst beachtliches berufliches Engagement zu nennen. Neben seiner Lehrertätigkeit als Niederösterreichischer Land- und Forstwirtschaftslehrer am Edelhof war Kastner von 1976 bis 1983 zusätzlich noch Mathematiklehrer an einer Bundesschule, der Handelsakademie Zwettl. In dieser Zeitspanne wurde er ab 1979 Direktor am Edelhof und parallel dazu auch noch Direktorstellvertreter an der Handelsakademie. Abgesehen von dieser ungewöhnlichen Doppelfunktion an den beiden Schulen war ihm nach wie vor der Bezug zu den Schülern besonders wichtig. Der konnte sich auch sehen lassen: Einmal ist ein kompletter Jahrgang in seinem Fach, der Mathematik, zur Matura angetreten und alle Schüler haben bestanden.

Seine Beliebtheit als Lehrer muss in der Tat sehr hoch gewesen sein. Unzählige Schüler haben ihn jahrelang immer wieder besucht, vielen von ihnen, auch sozial schwache oder problematische Schülern, hat er geholfen, den Weg ins Leben zu finden, beruflich Fuß zu fassen. Auch außerhalb der Schulen, als Nachhilfelehrer für Latein, Darstellende Geometrie und Mathematik. Dabei erzielte er ebenfalls unglaubliche Erfolge, hat er doch im Laufe der Jahrzehnte die beachtliche Zahl von rund 400 Nachhilfeschülern mit überdeutlicher Erfolgsquote lernmäßig wieder fit gemacht. Hier konnte er aber nur kraft seiner Persönlichkeit erfolgreich sein, als Nachhilfelehrer standen ihm ja keine Noten im Hintergrund zur Verfügung. Offenbar haben ihn die Kinder gemocht und weniger für Fach und Note, sondern einfach für ihn gelernt.