Landesbeauftragter für das Waldviertel
Visionär Adi Kastner
Neben seiner Tätigkeit als Direktor der landwirtschaftlichen Fachschule Edelhof wurde Adi Kastner 1982 vom ehemaligen Landeshauptmann Mag. Siegfried Ludwig zum Landesbeauftragten für das Waldviertel ernannt. Er gründete das Waldviertel Management mit dem Ziel die Probleme einer strukturschwachen Region durch das Herausarbeiten der bestehenden Qualitäten und Möglichkeiten zu minimieren. Die Stärken zu fördern und durch eine eigenständige zielgerichtete Regionalentwicklung weiter auszubauen.
Mehr als 1000 Projekte wurden in dieser Zeit ins Leben gerufen und unterstützt. Die Region hat dadurch aufgeholt, gilt nun als Vorzeigeregion für Regionalentwicklung in Europa.
Adi Kastner war nicht immer diplomatisch in seinen Aussagen, aber immer konsequent. Wenn er überzeugt war von einer Sache, von einem Projekt, von einer Innovation, dann konnte ihn fast nichts aufhalten. Oft genug hat er es sich mit Ämtern „verscherzt“, weil ihm der bürokratische Apparat zu langsam arbeitete. Seine Energie, seine Zähigkeit und sein Durchsetzungsvermögen, und nicht zuletzt seine sprichwörtlichen „Berredungskünste“ haben viel Geld und viel Beachtung in die Region gebracht.
Erste Aktivitäten
Ende der 70iger Jahre fanden sich zahlreiche Persönlichkeiten des Waldviertels zusammen um gemeinsam gegen die Bedrohung durch ein Atommülllager in der Region zu kämpfen. Als gemeinsame Plattform wurde bald der Verein „Pro Waldviertel“ gegründet. In weiterer Folge formulierte dieser Verein drei wesentliche Forderungen an Bund und Land und zwar: Ein Entwicklungskonzept für das Waldviertel, Ressourcen für die Umsetzung und eine Auftaktveranstaltung als Startschuss für eine positive Entwicklung.
Adi Kastner wurde daraufhin vom damaligen LH Ludwig – aufgrund seines bisherigen Engagements für das Waldviertel – nachdrücklich eingeladen, sich für die geplante Stelle des Landesbeauftragten für das Waldviertel zu bewerben. Schlussendlich wurde Kastner am 1. Februar 1982 – ohne Bewerbung – zum „Landesbeauftragten für das Waldviertel“ ernannt.
Rückblickend muss gesagt werden, dass diese Funktion als Alibifunktion gedacht war. Adi Kastner formulierte es in seinen Worten überaus treffend: „Ich wurde in die Wildnis des Waldviertels, nur mit einem Stecken bewaffnet, entsandt. Damit sollte ich den umfangreichen Arbeitsauftrag von der Entwicklung der Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Fremdenverkehrs, die Stärkung des Regionalbewusstseins, die Verwirklichung der regionalen Maßnahmenkonzepte, sowie die Imagewerbung für das Waldviertel und die Förderung eigener Initiativen erfüllen. Und das mit dem Gegenwind von zahlreichen etablierten Organisationen, die die neue Funktion eines „Regionalmanagers“ als Antwort auf das eigene Versagen interpretierten.“
1984 startete das Waldviertelmanagement als Plattform für die weiteren Aktivitäten, und der dafür gegründete Verein wurde „am Edelhof“ und nicht „im Edelhof“ (Zitat Adi Kastner) angesiedelt.
Dank des Rückhaltes und der Absicherung als Direktor der landwirtschaftlichen Fachschule konnte Kastner relativ rasch Erfolge im Bereich der landwirtschaftlichen Alternativen vorweisen.
Von Mohn bis Weidegans
Ausgehend von der Erkenntnis der „Jungen Väter und alten Söhne“ (Zitat Adi Kastner) suchte er nach Lösungen, um das Einkommen landwirtschaftlicher Betriebe zu erhöhen. Der Start erfolgte mit der Wiedereinführung des Mohnanbaues. Das im Waldviertel ehemals traditionelle Produkt war auf Grund des hohen Arbeitsaufwandes von den landwirtschaftlichen Flächen verschwunden. Mit der am Edelhof neu entwickelten Mechanisierung vom Anbau bis zur Ernte entdeckten immer mehr Landwirte die „neue-alte“ Alternative. Als positiver Nebeneffekt entwickelte sich die Mohnblüte zum Tourismusmagnet, das Waldviertel erblühte. In den nächsten Jahren wurden Mariendisteln, oder Johanniskraut für die Pharmazie angebaut, sowie Roggenpollen geerntet und tierische Alternativen, wie die Waldviertler Weidegans, wieder heimisch gemacht.
Waldland
Für die Organisation und vor allem für die Vermarktung der neuen landwirtschaftlichen Schiene wurde die Marke „Waldland“ geschaffen, eine Organisation die heute international anerkannt ist und an die hundert Mitarbeiter beschäftigt.
Gästering
In weiterer Folge wurden durch die Schaffung von bäuerlichen Gästeringen Initiativen für den Fremdenverkehr gesetzt.. Damit wurden die vielen kleinen Angebote zu vermarktungsfähigen Einheiten zusammengefasst und eine Buchungszentrale aufgebaut.
Betriebsberatungen
Ein sehr arbeitsintensiver und nicht geplanter Zweig entwickelte sich im Bereich der Betriebssanierungen. Viele Betriebe, die teils unschuldig in eine wirtschaftliche Schieflage geraten waren, konnten mit intensiver Betreuung gerettet und so viele hundert Arbeitsplätze erhalten werden. Der Weitblick von Adi Kastner zeigte sich in der Umsetzung von Projekten, die sehr oft lange vor der öffentlichen Wahrnehmung erfolgte.
HumuVit
Ab 1989 beschäftigte sich der „Waldviertelbeauftragte“ mit dem Thema Müllentsorgung. Neben der Mülltrennung war die Entsorgung von Biomüll ein ungelöstes Problem. Kastner fand einen deutschen Partner, der ein Verfahren für die Behandlung von Biomüll und Klärschlämmen entwickelt und dieses mit einem europäischen Patent abgesichert hatte. Durch die Beimengung von Stroh entsteht eine homogene Masse, die innerhalb von einigen Monaten aus diesem Abfall wieder wertvollen Humus produziert. Das entsprach Kastners Denken in regionalen Kreisläufen und zeigt gleichzeitig, wie weit er der damaligen Zeit voraus war. Ein Viertel Jahrhundert später, 2015 „Im Jahr des Bodens“ betont der WWF die Wichtigkeit der Erhaltung von natürlichen, fruchtbaren Böden durch eine ökologisch ausgerichtete Düngerwirtschaft mit Kompost als unbedingt notwendige Maßnahme. Daraus ist die Firma HumuVit entstanden.
WVNET
Ab 1991 wurde vor allem in Skandinavien der Einsatz von Telematik als Entwicklungschance für strukturschwache Regionen gesehen. Nach einer Exkursion in Schweden und Norwegen wurde 1992 das Telehaus Waldviertel gegründet. Ziel des Vereines war die Vernetzung der regionalen Angebote und die Unterstützung von Betrieben mit EDV unterstützten Dienstleistungen. Ab 1994 wurde das Thema Internet immer präsenter. Um dem Waldviertel die Nutzung dieser neuen Technologie zu den gleichen Konditionen zu ermöglichen, wurde 1996 der Waldviertler Internetprovider WVNET gegründet. In den nächsten Jahren wurde eine Kooperation für Breitband Internet in den Kabelnetzen eingegangen und ab 2005 die Versorgung des Glasfasernetzes der Gemeinden Großschönau, Bad Großpertholz und St. Martin mit Internetdiensten gestartet.
Waldviertel Akademie
Weiters wurde am 21. September 1984 unter der Ägide von Adi Kastner als Waldviertel-Manager mit einer Gruppe von engagierten Personen die Waldviertelakademie gegründet.
Fazit
Auf wenigen Zeilen kann nur ein Bruchteil der Leistungen des „Pioniers der Regionalentwicklung“ angeführt werden. Die wichtigsten Leistungen des Landesbeauftragten für das Waldviertel war aber sicher
- dass es gelungen ist, das Waldviertel als Region bewusst zu machen und
- viele Mulitplikatoren, die auf verschiedenen Ebenen in der Region seine Philosophie weiterleben.